"Ich laß’ es von fern locken, werde mich wohl hüten, hinüberzugehen […] Ich gehe weiter ohne bestimmte Richtung..." Franz Hessel

Saturday 17 May 2014

"Berlin zum dritten" - mein neuer Blog

Britta Huegel


In seinem Gedicht "Berlin zum dritten" schreibt Robert Gernhardt:

"Man steigt nicht zweimal 
in dieselbe Stadt. 

Man ist ja auch nicht der, 
der man mal war. 

Man war mal jung, 
da war die Stadt schon alt. 

Jetzt ist man älter, 
und die Stadt verjüngt sich. 
(...) 

Als Kind und als Teenager war ich oft in Berlin
eine herrschsüchtige Tante mit Familiensinn und drei unverheirateten erwachsenen Kindern (ihren blassen, blonden Sohn nannte sie zu meiner Überraschung "Hänschen") lebte in Wilmersdorf, dessen Vornehmheit nicht oft genug betont werden konnte; und die Herzensfreundin meiner Mutter, 'Tante' Senta, lebte in Ost-Berlin in einer kleine Wohnung in der Richard-Sorge-Straße. Hier wurde der Wohnraum zugeteilt nach Familiengröße, die jüngste Tochter lebte noch bei ihr, die ältere Tochter und der Sohn war schon ausgezogen, was ich bedauerte, da er in meinen Augen ein erstrebenswerter Heiratskandidat war (ich war 14!) - eine Heirat hätte mir eine Zukunft in Berlin gesichert, dachte ich, allerdings stellte mein anderer Plan, gleichzeitig den fünf Jahre älteren Bruder meiner besten Freundin in meiner Heimatstadt Bremen zu heiraten (um auf immer mit ihr zusammen zu bleiben), ein winziges Hindernis dar, das ich aber zu lösen gedachte. Festgelegt habe ich mich übrigens in meinem Leben sehr selten, was Astrologie-kundige Menschen veranlasst, mich beharrlich als "Zwilling" einzustufen, (hahaha - das bin ich zu ihrem ungläubigen Erstaunen nicht mal im "Was-auch-immer-das-bedeutet-Aszendenten"). Immer wieder unterstellen sie mir, dass ich mein Geburtsdatum verwechsle - beim Geburtsjahr, das gebe ich offen zu, tue ich das geflissentlich und vorsätzlich - aber bei kleinen Dingen wie einem Tag und einem Monat lohnt sich die 'kleine Lüge' nicht - was, finde ich, für fast alles im Leben gilt).  
Die Klassenfahrten und die Fahrt zur 'politischen Bildung' taten ihr übriges - und meine diversen Auftritte bei einer Modetournee in der Kongresshalle, die jetzt 'Haus der Kulturen' heißt (wir fanden "Schwangere Auster" toll - aber da war ich mal gerade am Anfang meines Studiums) besiegelten meine Liebe zu dieser Stadt. 
Altklug hatte ich mit 13 gesagt: "In dieser Stadt möchte ich alt werden" - und so kam ich über einen kleinen Umweg (Mainz, Ludwigsburg, Nürnberg, München, Hildesheim, Hamburg) endlich hier an: im November 2010 landeten wir im Bayerischen Viertel, verführerisch nah hinterm KaDeWe und gleich um die Ecke zum Viktoria-Luise-Platz
 "Berlin zum dritten" - und ja: "...die Stadt verjüngt sich"
Ich aber auch! 
Nach einem (produktiven und glücklichen, ich will das nicht kleinreden) 19-jährigen Dornröschen-Schlaf in Hildesheim und 6 schönen, wenn auch leicht regengetränkten Jahren in Hamburg: 
endlich richtige Großstadt!  
Nach 3 Jahren emsigen Er-fahrens und Er-laufens der Stadt ist mein Bild von ihr immer noch ein Flickenteppich - da ich keine Flickenteppiche mag, suche ich nach einem schöneren Bild. Sehe die Rückseite eines gewebten oder geknüpften abgenutzten, aber kostbaren Teppichs vor mir -- nun wird es Zeit, ihn zu wenden, um das ganze Bild zu sehen. 
Ich fange jetzt an!


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