"Ich laß’ es von fern locken, werde mich wohl hüten, hinüberzugehen […] Ich gehe weiter ohne bestimmte Richtung..." Franz Hessel

Saturday 31 May 2014

Berliner Stuck-Abschlag-Prämie?

Britta Huegel


Als wir vor dreieinhalb Jahren nach Berlin zogen und eine Wohnung suchten, standen wir vor einer Reihe Altbauten, und ich zeigte auf ein paar seltsam kahl aussehende Fassaden und fragte den Makler: "Wann sind denn diese Häuser da gebaut? Sind sie im Krieg ausgebombt und dann wieder hochgezogen worden?" "Nein, die sind genau wie die anderen in dieser Straße zwischen 1900 und 1902 gebaut worden." 
Ungläubig schaute ich von den mit Stuck verzierten Häusern - manche sehr prächtig, manche schon fast kitschig überladen - auf die dazwischen liegenden gleich hohen schmucklos-lieblosen Glattputz- Dinger. 
"Es hat da in den 50ger Jahren mal einen Stadtbaurat gegeben", sagte der Makler, "der hat den Hauseigentümern Stuckabschlagprämie angeboten. Wer an seinem Haus den Stuck zertrümmern ließ, der bekam Geld dafür." 
"Wieso?", fragte ich fassungslos. 
"Ließ sich leichter verputzen.
Ich kam mir vor wie Astrid Lindgrens Lisabet, die kleine Schwester von Madita, die zu jeder neuen Schandtat des angeblichen Richards immer sagte: "Richard sollte Haue kriegen." Ich drückte das natürlich erwachsener aus: "Diesem Stadtbaurat sollte man die Pension kürzen." 
Wir landeten natürlich in einem dieser "modernisierten" Altbauten mit glatter Fassade - am Haus nebenan erheben sich Säulen und spielen Putten auf geschwungenen Stuckornamenten, dass man blass werden könnte vor Neid. Ja schon: innen ist es genau so schön wie nebenan - aber den Spruch, dass es hauptsächlich auf die inneren Werte ankommt, habe ich nie ganz akzeptiert. "Hauptsache, er hat ein goldenes Herz", sagten meine Freundin Nele und ich im Chor - und dann wollten wir uns ausschütten vor Lachen, oberflächlich, wie war nun mal sind  waren. 
Mein Pop-Professor äußerte die Vermutung, dass statt der vorgeschobenen Anstreich-Argumente in Wirklichkeit das Schönheitsideal der Moderne hinter den Gips- An  Abschlägen stand (er muss es wissen - hat er doch mit seinen Studenten mal eine wunderbare 50ger-Jahre-Ausstellung in Hildesheim gemacht). 
Und warum diskutieren wir das gerade jetzt? 
Nun: in unserer Straße wird ein Eckhaus aufwändig renoviert. 
Das beeinträchtigt ein darin befindliches nobles Restaurant - den Brenner - und das neue Café, in dem Roman Mörner sein Coffee-Bike 'geparkt' hat - und das er gerade mit viel Liebe zum Detail erweitert hatte. Beides schlummert nun für über ein Vierteljahr schachmatt hinter Plastikplanen im Dunkeln (wobei der Brenner geöffnet bleibt). 
Die Hausbesitzerin lässt die Fassade renovieren. Manchmal kann man einen Blick erhaschen, was da außer spachteln und streichen hinter den Planen geschieht. Und traut seinen Augen nicht!   
Man klebt den Stuck wieder an
Tatsache! 

PS: Für alle, die es genauer wissen möchten - Fortsetzung folgt. 



Thursday 29 May 2014

Andreas Schlüters 'Epigonen' und Brechts 'siebentoriges Theben'

Britta Huegel


Die meisten kennen das Gedicht von Bertold Brecht

Fragen eine lesenden Arbeiters. 

Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon -
Wer baute es so viele Male auf? (...) 
(...)  
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?
So viele Berichte.
So viele Fragen. 

In diese Richtung ging auch die Ausstellungskritik von Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung: 
"So wie überhaupt die Wirkungsgeschichte des Künstlers wieder einmal dem Kult um das einsam schaffende Genie untergeordnet ist. Nicht mal einen Gehilfen hatte Schlüter offenbar." 

Nun, ich habe ihn gefunden. Einen Epigonen zumindest. 
Mit Glück, Neugier und ein bisschen Dreistigkeit. Als ich zum zweiten Mal zur Ausstellung ging, bemerkte ich vor dem Bode-Museum ein eigentlich unübersehbares Holzhäuschen - für ein Kassenhäuschen zu groß. Hinter der geöffneten Tür saß ein Mann auf einem Stuhl, Stößel in der Hand. 
"Darf ich Fotos machen?" "Ja gern." 
Dieser Steinmetz und Restaurator macht vier von acht Kapitälen für den Wiederaufbau des Schlosses. Ich fragte ihn: "Was schätzen Sie - wird es im geplanten Zeitraum fertig?" "Ja - wir haben ja eine ganz andere Technik als früher." 
Und die ist spannend: 
An der Wand hängen Fotos. 

Britta Huegel

Der Architekt gibt nur eine kleine Zeichnung mit Maßen vor - den Rest macht der Steinmetz. Wenn ich es richtig verstanden habe, kommt dann ein ein Computer zum Einsatz, der über die Fotos mit CAD alles einscannt. Danach wird eine Form aus Ton gefertigt. Die Tonform wird mit Gips ausgefüllt, danach wird mit der CNC-Maschine das Gipsmodell 

Britta Huegel



und auch der Stein-Rohling bearbeitet. Die grobe Arbeit wird also der Maschine übertragen. 

Britta Huegel

Dann setzt der Bildhauer "seinen letzten Hieb", er zeichnet auf den Steinblock mit weichem Bleistift die feineren Formen auf und hebt dann alle Feinheiten aus dem Stein heraus. 
Für das Schloss wird Elb-Sandstein verwendet - der ist eher weiß mit leicht rötlichen Einschlüssen, die vom Eisen kommen."  
Und ich bin ganz stolz, denn später werde ich meinen Freunden erklären können: 
"Von 4 Kapitälen kenne ich den, der sie wieder schuf. Ich kenne also einen von denen, die das mehrmals zerstörte Babylon wieder aufbaute...". 

Sunday 25 May 2014

Andreas Schlüter und das 'Gold der Hohenzollern'

Britta Huegel


Wenn das Wort "Gold" im Titel einer Ausstellung vorkommt, wird sie meist ein Publikumsmagnet.
Vielleicht locke ich so ein paar "Follower" für meinen neuen Blog an? Andreas Schlüter war nicht nur Architekt und Bildhauer, er entwarf auch die Innenausstattung des Schlosses. Wobei mein Titel journalistisch natürlich nicht ganz hasenrein ist: das Prachtbuffet, das zwischen 1703 und 1706 im Rittersaal des Schlosses dem Thron genau gegenüber stand, ist a) ein (vergoldetes) Silberbuffet, in Augsburg hergestellt, b) hat niemand von diesen Tellerchen gegessen, sie dienten nur der Repräsentation und c) steht da der ominöse Satz: "Ihre Anordnung folgt, wenn nicht direkt einer Idee Schlüters, so zumindest einem Entwurf seines unmittelbaren Nachfolgers am Schlossbau, Johann Friedrich Eosander von Göthes". 

Britta Huegel

Ist aber egal: dies ist wirklich ein Glanzstück der Ausstellung, gut bewacht nicht nur vom Personal, sondern auch auf jeder Seite von einem gewaltigen Atlanten im Vordergrund - geschaffen um 1705 von Andreas Schlüter und Giovanni Simonetti für das Große Treppenhaus des Berliner Schlosses. Beeindruckend auch Schlüters Büste des Prinzen von Homburg, Guss Johann Jacobi (um 1700):

Britta Huegel

Kein Kleistscher Seelenheld, schreibt Andreas Kilb in Die Welt (Hervorhebung im Text von mir):

"(...)das eigentliche Faszinosum der Büste bleibt das Gesicht. Schlüter zeigt in ihm nicht bloß einen typischen Regenten des Hochbarocks, sondern ein Individuum in seiner Spannung zum Typus. Die Hängebacken, das Doppelkinn, die breite Stirn, die vorspringende Nase, der Feldherrnblick, sie alle gehören zur Physiognomik eines Zeitalters, in dem die Machtausübung zum Schauspiel wurde, und sind zugleich ganz individuell. Es ist das Licht, das diese Paradoxie zum Funkeln bringt. Die Züge des Landgrafen,(...), sind mit so feinen Nuancen gestaltet, dass man sie erst aus kurzer Distanz wahrnimmt. Im Näherkommen wird der Herrscher von der Maske zur Person. Es gibt wenige Bronzeporträts im deutschen Barock, die diesem an bewegtem Ausdruck gleichkommen, und auch im europäischen Maßstab muss man bis zu Bernini und Cellini gehen, um Ebenbürtiges zu finden."

Ah - Gianlorenzo Bernini - in seine ebenfalls hier ausgestellten Medusa (Marmorbüste um 1635) habe ich mich sofort verknallt: (das folgende Foto ist fotografisch nicht einwandfrei, die Locke hinter dem Kinn..., es zeigt aber, wieso ich so schwärme): 


Britta Huegel


Vom Berliner Schloss, das Schlüter geschaffen hat, können wir nur Gemälde und ein Modell sehen - 2019 soll es wiederaufgebaut sein. 

Britta Huegel


Bis dahin bleiben uns die Bilder aus dem ebenfalls in der Ausstellung gezeigten Film:
So zerfallen sah das Schloss 1950 aus,

BrittaHuegel

als es von der DDR gesprengt wurde.

Britta Huegel



Tuesday 20 May 2014

"(Andreas) Schlüter war viel zu groß für Berlin".

Britta Huegel


Manchmal, wenn ich die Elbe vermisse, und der Landwehrkanal gar zu träge über sein Steinbett quillt, suche ich meinen Lieblingsplatz am Ufer des Monbijouparks auf - hänge im türkisen Liegestuhl, schaue in den blauen Himmel und auf die nahe Monbijoubrücke, die mir zusammen mit den glitzernden Wellen der Spree unter Platanenschatten vorgaukeln möchte, ich sei in Paris. Aber das braucht es gar nicht: die Kuppel des gewaltigen Bode-Museums, durch das die S-Bahn hindurch zu fahren scheint, ist in Berlin, und das ist gut so!
Nur wenige wissen, dass Kaiser Wilhelm II. seinen Architekten Ernst von Ihne beauftragte, das Bode-Museum in "schlüterschen Formen" zu gestalten.
Heute leuchtet mir das große rote Plakat "Schloss Bau Meister Andreas Schlüter und das barocke Berlin' entgegen.
                Andreas Schlüter hat man lange Zeit völlig ignoriert. (1964 gab es eine einzige Ausstellung). Das ist eine kleine Lektion für jeden, der wie ich manchmal darüber nachsinnt, wie man denn endlich "berühmt" werden könne. Natürlich wissen wir - und erst recht das Barock, und da nicht nur Andreas Gryphius: alles ist eitel: "Vanitasvanitatumet omnia vanitas" - und Ruhm zerplatzt  wie die Seifenblasen, die ein Knabe am Fuß des Sarkophags von König Friedrich I. bläst (diese Skulptur von Schlüter steht im Berliner Dom).
                 Man weiß also wenig über Schlüter, was die FAZ als "Traum jedes Kunsthistorikers" bezeichnet: "Er spricht allein durch sein Werk." Kaum Lebensdaten (die einzige Biographie erschien 1935): geboren, so die Berliner Zeitung, um 1650 in Danzig unter polnischer Krone, "vielleicht aber auch in der freien Hansestadt Hamburg", keine Notizen. Friedrich I. holte ihn vom Hof Jan III Sobieskis in Warschau, wo er "für polnische Magnaten und Klöster arbeitete". Polens Kunst hatte internationalen Standard: der 'barocke Rausch' in Vilnius oder Krakaus Kirchen, Tilman von Gamerans Bauten in Warschau belegen das. Warum, so fragt Nikolaus Bernau von der Berliner Zeitung, gibt es nicht auch einige Fotos oder Skulpturabgüsse aus Polen in der Ausstellung? "Und so wird wieder einmal der kulturelle Maßstab, vor dem Brandenburg-Preußen agierte, historisch ziemlich unkorrekt nur im Westen gesucht."
Man weiß nicht nur wenig von Schlüter - es sind auch nur noch wenige Bauten erhalten: in preußischer Zeit wurde das Gießhaus am Kupfergraben, der Pontonhof Unter den Linden, und die Alte Post am Spreeufer abgerissen. Im Zweiten Weltkrieg fiel die Villa Kameke den Bomben zum Opfer. "Und schließlich", so natürlich die FAZ, "wurde Schlüters Hauptwerk, das Schloss der Hohenzollern, von Stalins Satrapen gesprengt."
Aber selbst wenn man nur feststellt, dass das Stadtschloss 1950 von der DDR gesprengt wurde, und sich die Gründe dafür anschaut -  ein Hammer bleibt das schon!
"Aber die Mitte der Hauptstadt erhält das Bauwerk zurück, das ihr städtebaulicher Dreh- und Angelpunkt war.", schreibt Die Welt. Und: "Ohne den Wiederaufbau des Berliner Schlosses gäbe es diese Ausstellung nicht." 
Kurfürst Friedrich III., der "schiefe Fritz", wie ihn das Volk wegen einer Schulterverkrümmung nannte, wollte unbedingt König werden, und wie das bei vielen kleinen Männern so ist: er wurde es: 1701 krönte er sich selbst zum König Friedrich I. - König "in Preußen". Seit seinem Regierungsantritt 1688 bewunderte er die hochbarocke Pracht von Paris und Rom, und wusste, dass die "bescheidene Residenzstadt Berlin" (Welt) nur mit Hilfe von Politik und Kunst aufgewertet werden konnte. Sein Baumeister Schlüter hatte Frankreich, die Niederlande und Italien bereist - und das Berliner Schloss wurde ein "barocker Kubus nach dem Vorbild italienischer Palazzi". (Welt) Das Schloss, so die FAZ, ist die Antwort auf Berninis Entwurf des Louvre und Michelangelos römische Paläste.  Was Schlüter begann, hat Eosander vollendet.
Misserfolge bleiben oft länger im Gedächtnis der Menschen: König Friedrich entließ "Scluter, den Schelm, der den Turm so verdorben gebauet." Der auf 100 Meter Höhe geplante Münzturm stand (nicht lange) auf Sand und Sumpf, auch sonst sorgte der märkische Sand für tiefe Risse in der Sommerresidenz des Königs, und überhaupt wurde vieles nicht termingerecht fertig. "...offenbar eine Berliner Eigenart seitdem", bemerkt Jürgen Gressel-Hichert im kulturradio_online. (Falls der geneigte Leser an dieser Stelle nicht schon eingenickt ist, hier eine kleine Frage: Was meint er wohl damit??)
So ging Schlüter dann 1713 an den Hof von Zar Peter, um am Aufbau von St. Petersburg mitzuwirken - starb aber dann schon im Juni 1714 - vor 300 Jahren.
Als kurios vermerkt Gressel-Hichert: Das Bernsteinzimmer, Schlüters Entwurf, wird Zar Peter 1719 geschenkt und wird ein Glanzstück in St. Petersburg.





Die Ausstellung "Schloss Bau Meister Andreas Schlüter und das barocke Berlin" ist bis zum 13.07.2014 im Bode-Museum zu besichtigen
http://www.museumsportal-berlin.de/ausstellungen/schloss-bau-meister-andreas-schluter-und-das-barocke-berlin/

Literatur über die Ausstellung:
- Die Welt, Rainer Haubrich über "Andreas Schlüter, Baumeister der Sinnenfreude" http://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article126531750/Andreas-Schlueter-Baumeister-der-Sinnenfreude.html
- Berliner Zeitung, Nikolaus Bernau: "Wer kannte Schlüter?" (von ihm habe ich auch das Zitat für meine Überschrift gewählt)
http://www.berliner-zeitung.de/kultur/andreas-schlueter-im-bode-museum-wer-kannte-schlueter-,10809150,26734226.html
- FAZ, Andreas Kilb: "Eine Weltordnung mit Waage und Keule"  http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/ausstellung-in-berlin-schloss-bau-meister-andreas-schlueter-12878866.html










Monday 19 May 2014

Ein bisschen "Meta" vorweg...

Britta Huegel


Uff - das wird nicht so einfach, wie ich dachte.
Wenn ich z. B. über eine Ausstellung berichten will (und als nächstes ist "Schlossbaumeister Andreas Schlüter" im Bode-Museum dran): da will ja keiner von euch durch ellenlange Traktate gelangweilt werden! Andererseits kann ich nicht nur von mir erzählen (das tue ich eh schon genug...). Den Mittelweg zwischen 'prodesse et delectare, nützen und erfreuen" zu finden, das könnte ganz hübsch schwierig werden.
Ich weiß, dass mich Blogs abschrecken, die ganz einfach zu lang sind - sie können noch so gut sein. Auch 45 Fotos von hervorragend fotografierten Gärten ermüden mich, obwohl Gärten eine meiner vielen Leidenschaften sind (ja, unvorstellbar für viele: Leidenschaft und Garten - das geht. Denkt mal an den Garten Eden).
Ich habe schließlich auch noch ein Leben! (Außerhalb des Netzes, meine ich).
Irgendwann sah ich bei Stefan Mesch mal einen Artikel über die "richtige" Länge von Blogs, Tweets oder Facebook-Kommentaren, und obwohl ich noch aus einer Generation stamme, die ohne Computer und Handy aufwuchs (wie haben wir das bloß geschafft??), bin ich doch noch nicht so alt wie DCI Banks, der sich von seiner neuen Inspektorin von "Schreiben Sie da ein Twitter?" auf "Tweet" korrigieren lassen muss. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, die schon ziemlich amerikanisiert war, so dass meine Aufmerksamkeitsspanne doch arg verpixelt und begrenzt ist.
Ich will zerstreut werden, jawohl! Girls Just Wanna Have Fun! 
(Ich kann auch lange - wer mit Teenager Dostojewski, Balzac und Proust verschlang, und sich heute noch etwas drauf einbildet, im Studium "Pamela" von Samuel Richardson komplett - alle 4 Bände! - durchgelesen zu haben - der kann auch heute noch durchhalten - wenn ich auch gestehen muss, dass mir Gedichte immer sympathischer werden).
Also: ich muss mir da was überlegen.
Das gilt auch für die Häufigkeit von Posts - aber da werde ich, anders als bei meinen englischen Blogs, dir gegenüber, mein geneigter Leser, rücksichtslos sein - du wirst dich vermutlich sowieso selten zu einem Kommentar aufraffen, also muss ich auch nicht antworten (was ich aber immer gern tue!!!), - ich mute dir zu, selbst zu entscheiden, wann du mal kurz zu mir reinschauen willst, ehe du wieder von dannen hüpfst. Ich weiß ja: Berlin Calling.
Jetzt aber lege ich erstmal mein chices Tablet beiseite und setze mich an den Schreibtisch.
See you!


Saturday 17 May 2014

"Berlin zum dritten" - mein neuer Blog

Britta Huegel


In seinem Gedicht "Berlin zum dritten" schreibt Robert Gernhardt:

"Man steigt nicht zweimal 
in dieselbe Stadt. 

Man ist ja auch nicht der, 
der man mal war. 

Man war mal jung, 
da war die Stadt schon alt. 

Jetzt ist man älter, 
und die Stadt verjüngt sich. 
(...) 

Als Kind und als Teenager war ich oft in Berlin
eine herrschsüchtige Tante mit Familiensinn und drei unverheirateten erwachsenen Kindern (ihren blassen, blonden Sohn nannte sie zu meiner Überraschung "Hänschen") lebte in Wilmersdorf, dessen Vornehmheit nicht oft genug betont werden konnte; und die Herzensfreundin meiner Mutter, 'Tante' Senta, lebte in Ost-Berlin in einer kleine Wohnung in der Richard-Sorge-Straße. Hier wurde der Wohnraum zugeteilt nach Familiengröße, die jüngste Tochter lebte noch bei ihr, die ältere Tochter und der Sohn war schon ausgezogen, was ich bedauerte, da er in meinen Augen ein erstrebenswerter Heiratskandidat war (ich war 14!) - eine Heirat hätte mir eine Zukunft in Berlin gesichert, dachte ich, allerdings stellte mein anderer Plan, gleichzeitig den fünf Jahre älteren Bruder meiner besten Freundin in meiner Heimatstadt Bremen zu heiraten (um auf immer mit ihr zusammen zu bleiben), ein winziges Hindernis dar, das ich aber zu lösen gedachte. Festgelegt habe ich mich übrigens in meinem Leben sehr selten, was Astrologie-kundige Menschen veranlasst, mich beharrlich als "Zwilling" einzustufen, (hahaha - das bin ich zu ihrem ungläubigen Erstaunen nicht mal im "Was-auch-immer-das-bedeutet-Aszendenten"). Immer wieder unterstellen sie mir, dass ich mein Geburtsdatum verwechsle - beim Geburtsjahr, das gebe ich offen zu, tue ich das geflissentlich und vorsätzlich - aber bei kleinen Dingen wie einem Tag und einem Monat lohnt sich die 'kleine Lüge' nicht - was, finde ich, für fast alles im Leben gilt).  
Die Klassenfahrten und die Fahrt zur 'politischen Bildung' taten ihr übriges - und meine diversen Auftritte bei einer Modetournee in der Kongresshalle, die jetzt 'Haus der Kulturen' heißt (wir fanden "Schwangere Auster" toll - aber da war ich mal gerade am Anfang meines Studiums) besiegelten meine Liebe zu dieser Stadt. 
Altklug hatte ich mit 13 gesagt: "In dieser Stadt möchte ich alt werden" - und so kam ich über einen kleinen Umweg (Mainz, Ludwigsburg, Nürnberg, München, Hildesheim, Hamburg) endlich hier an: im November 2010 landeten wir im Bayerischen Viertel, verführerisch nah hinterm KaDeWe und gleich um die Ecke zum Viktoria-Luise-Platz
 "Berlin zum dritten" - und ja: "...die Stadt verjüngt sich"
Ich aber auch! 
Nach einem (produktiven und glücklichen, ich will das nicht kleinreden) 19-jährigen Dornröschen-Schlaf in Hildesheim und 6 schönen, wenn auch leicht regengetränkten Jahren in Hamburg: 
endlich richtige Großstadt!  
Nach 3 Jahren emsigen Er-fahrens und Er-laufens der Stadt ist mein Bild von ihr immer noch ein Flickenteppich - da ich keine Flickenteppiche mag, suche ich nach einem schöneren Bild. Sehe die Rückseite eines gewebten oder geknüpften abgenutzten, aber kostbaren Teppichs vor mir -- nun wird es Zeit, ihn zu wenden, um das ganze Bild zu sehen. 
Ich fange jetzt an!