"Ich laß’ es von fern locken, werde mich wohl hüten, hinüberzugehen […] Ich gehe weiter ohne bestimmte Richtung..." Franz Hessel

Thursday 29 May 2014

Andreas Schlüters 'Epigonen' und Brechts 'siebentoriges Theben'

Britta Huegel


Die meisten kennen das Gedicht von Bertold Brecht

Fragen eine lesenden Arbeiters. 

Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon -
Wer baute es so viele Male auf? (...) 
(...)  
Alle zehn Jahre ein großer Mann.
Wer bezahlte die Spesen?
So viele Berichte.
So viele Fragen. 

In diese Richtung ging auch die Ausstellungskritik von Nikolaus Bernau in der Berliner Zeitung: 
"So wie überhaupt die Wirkungsgeschichte des Künstlers wieder einmal dem Kult um das einsam schaffende Genie untergeordnet ist. Nicht mal einen Gehilfen hatte Schlüter offenbar." 

Nun, ich habe ihn gefunden. Einen Epigonen zumindest. 
Mit Glück, Neugier und ein bisschen Dreistigkeit. Als ich zum zweiten Mal zur Ausstellung ging, bemerkte ich vor dem Bode-Museum ein eigentlich unübersehbares Holzhäuschen - für ein Kassenhäuschen zu groß. Hinter der geöffneten Tür saß ein Mann auf einem Stuhl, Stößel in der Hand. 
"Darf ich Fotos machen?" "Ja gern." 
Dieser Steinmetz und Restaurator macht vier von acht Kapitälen für den Wiederaufbau des Schlosses. Ich fragte ihn: "Was schätzen Sie - wird es im geplanten Zeitraum fertig?" "Ja - wir haben ja eine ganz andere Technik als früher." 
Und die ist spannend: 
An der Wand hängen Fotos. 

Britta Huegel

Der Architekt gibt nur eine kleine Zeichnung mit Maßen vor - den Rest macht der Steinmetz. Wenn ich es richtig verstanden habe, kommt dann ein ein Computer zum Einsatz, der über die Fotos mit CAD alles einscannt. Danach wird eine Form aus Ton gefertigt. Die Tonform wird mit Gips ausgefüllt, danach wird mit der CNC-Maschine das Gipsmodell 

Britta Huegel



und auch der Stein-Rohling bearbeitet. Die grobe Arbeit wird also der Maschine übertragen. 

Britta Huegel

Dann setzt der Bildhauer "seinen letzten Hieb", er zeichnet auf den Steinblock mit weichem Bleistift die feineren Formen auf und hebt dann alle Feinheiten aus dem Stein heraus. 
Für das Schloss wird Elb-Sandstein verwendet - der ist eher weiß mit leicht rötlichen Einschlüssen, die vom Eisen kommen."  
Und ich bin ganz stolz, denn später werde ich meinen Freunden erklären können: 
"Von 4 Kapitälen kenne ich den, der sie wieder schuf. Ich kenne also einen von denen, die das mehrmals zerstörte Babylon wieder aufbaute...". 

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